Aktuelle Forschungsprojekte aus der Literaturwissenschaft der Bonner Romanistik

Einblicke in die Vielfalt literaturwissenschaftlicher Forschung: Unsere literaturwissenschaftliche Forschung ist thematisch wie methodisch breit aufgestellt – die nachfolgenden Projekte verdeutlichen zentrale Anliegen und Perspektiven unserer Arbeit. Hier präsentieren wir aktuelle Projekte, die an der Romanistik Bonn entwickelt und teilweise international vernetzt bearbeitet werden.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© De Gruyter

Narrative der Essstörung

Prof. Dr. Claudia Jacobi

Heisenberg-Förderung (DFG)

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© See page for author, Public domain, via Wikimedia Commons

Anthologieprojekt mit deutschen Übersetzungen

Prof. Dr. Claudia Jacobi, in Zusammenarbeit mit Julia Gaa (DFG-Projektstelle)

Heisenberg-Förderung (DFG)

Das Projekt widmet sich vergessenen Stimmen weiblicher Dichterinnen des Mittelalters, deren Werke bis heute kaum Beachtung gefunden haben. Im Sinne einer feministischen Kanonrevision sollen in einer zweisprachigen Anthologie mit deutschen Übersetzungen Texte von den Trobairitz, Christine de Pizan, Compiuta Donzella und Nina Siciliana einem breiteren Lesepublikum zugänglich gemacht werden.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Miruna Cojanu

Literaturgeschichte der Tränen in der spanischen Literatur 

Prof. Dr. Claudia Jacobi

Heisenberg-Förderung (DFG)

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Anne Real

“Who is Speaking? Self-fashioning in Late Medieval and Renaissance Latin and Vernacular Poetry”

Prof. Dr. Claudia Jacobi, gemeinsam mit Prof. Dr. Gernot Michael Müller: “Who is Speaking? Self-fashioning in Late Medieval and Renaissance Latin and Vernacular Poetry”. Im Rahmen der DFG-Initiative “Reality/Fiction — Shifting Dynamics of a Fundamental Relationship”.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Anne Real

Rabbia, paura, disgusto – Una storia letteraria delle emozioni

Prof. Dr. Claudia Jacobi, im Rahmen des trinationalen Netzwerks Italianistica (Bonn, Paris, Florenz)

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© De Gruyter

Romanische Bibliographie | Italienische Literaturwissenschaft 

Prof. Dr. Claudia Jacobi und Dr. Lisa Tenderini

Das Bonner Italienzentrum erstellt ab 2025 im Rahmen der Romanischen Bibliographie (De Gruyter) die Bibliographie zur Italienischen Literaturwissenschaft. 

Die Romanische Bibliographie, die seit 1923 als Supplement zur Zeitschrift für romanische Philologie (gegründet 1877) erscheint, dient der systematischen Erfassung und Dokumentation bibliographischer Nachweise zu Monographien, Sammelwerken, Aufsätzen und Rezensionen aus dem Bereich der romanistischen Sprach- und Literaturwissenschaft – mit Ausnahme der französischen Literaturwissenschaft.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Lisa Tenderini

Plattform Period Studies

Dr. Lisa Tenderini: Exploring the Menstrual Cycle in History, Literature, and the Arts. Ein interdisziplinäres Netzwerk für historische, literarische und transmediale Menstruationsforschung. 

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Lisa Tenderini

RomANa

Romanistisches Atelier für Nachwuchswissenschaftler*innen, das in Bonn angesiedelt ist.

Das Nachwuchskolloquium RomANa wurde 2015 gegründet und ist in Bonn verankert. Es bietet eine offene Plattform, um laufende Forschungsprojekte – von Doktorarbeiten über Habilitationsschriften bis hin zu Aufsätzen – in entspannter Atmosphäre vorzustellen, Fragen zu diskutieren und wertvolles Feedback zu erhalten. Alle romanischen Sprachen sind herzlich willkommen!

Koordination:

  • Álvaro Arango Vallejo – Schwerpunkt Lateinamerika
  • Julia Gaa – Schwerpunkt Frankreich
  • Dr. Greta Lansen (Mannheim) – Schwerpunkt Spanien
  • Katharina Roth – Schwerpunkt Frankophonie
  • Dr. Lisa Tenderini – Schwerpunkt Italien

Bisherige Ausgaben 

  • RomANa VII - Bonn (2023)
  • RomANa VI - Mannheim (2022)
  • RomANa V - Heidelberg/online (2021)
  • RomANa IV - Marburg (2019)
  • RomANa III - Bonn (2017)
  • RomANa II - Kassel (2016)
  • RomANa I - Göttingen (2016)
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Anne Real

Occasio in der Frühen Neuzeit: Situationen - Praktiken - Medien

Ein Projekt von Karin Peters (Romanistik, designierte Sprecherin), Marc Laureys (Neulatinistik), Christian Moser & Christiane Frey (Komparatistik), Mariacarla Gadebusch Bondio & Christian Kaiser (Medizingeschichte), Michael Rohrschneider (Geschichtswissenschaft), Hania Siebenpfeiffer & Christian Meierhofer (Germanistik), Birgit Münch & Hui Luan Tran (Kunstgeschichte)

Der lateinische Begriff occasio beschreibt die Vorstellung vom ‚günstigen Zeitpunkt‘ für bestimmte Handlungen und Sprechakte, verweist zugleich aber auch auf ihre Gebundenheit an einen spezifischen Anlass oder situativen Ausgangspunkt. Die geplante Forschungsgruppe bündelt hierzu Perspektiven aus Romanistik, Latinistik, Germanistik, Komparatistik, Geschichtswissenschaft, Kunst- und Medizingeschichte. Sie untersucht die Occasio der Frühen Neuzeit in den drei Dimensionen der Situationen, Praktiken und Medien. Ziel ist zum einen eine systematische und historische Rekonstruktion der sich dabei ergebenen semantischen Verschiebungen des Begriffs zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Zum anderen sollen ausgehend von der quellenbasierten Arbeit der Teilprojekte gängige wissenschafts- und forschungsgeschichtliche Großzusammenhänge oder Masternarrative problematisiert werden, die mit der Sattelzeit (Koselleck) und der funktionalen Ausdifferenzierung (Luhmann) oftmals eine vermeintlich unterkomplexe Vormoderne von einer komplexen Moderne unterscheiden. Stattdessen nimmt die Forschungsgruppe die vielschichtigen, disziplinär keineswegs einheitlich akzentuierten Transformationsphasen in den Blick, die die Occasio konzeptuell durchläuft und die sie zugleich als wirkmächtige Denkfigur mit auslöst.

Denn in einer Zeit, in der sich weltgeschichtliche Ereignisse täglich zu überschlagen scheinen und politische Akteur:innen rhetorisch die ‚Zeitenwende‘ beschwören, hat die Rede von der günstigen Gelegenheit eine neue Konjunktur entfaltet. Ereignisse, die von den einen als krisenhafte Situationen interpretiert werden, treten eine Kette von Reaktionen los, die wiederum für andere dazu dienen, günstige Gelegenheiten für Veränderungen oder überfällige Kurswechsel zu proklamieren. Günstige Gelegenheit und ‚Zeitenwende‘ laufen damit stellenweise den vormals omnipräsenten ‚Krisennarrativen‘ den Rang ab und werden von unterschiedlichen Akteur:innen auf der politischen Bühne öffentlichkeits- und medienwirksam bedient. Daraus ergeben sich für die Geschichts-, Geistes- und Lebenswissenschaften drängende Fragen: Wann münden Entscheidungs- und Handlungsdruck in eine zeitlich nahe Umsetzung? Unter welchen historischen Voraussetzungen werden Gelegenheiten zum Handeln wahrgenommen? Seit wann konstituiert sich auf dem Weg von der europäischen Vormoderne in die globalisierte Spätmoderne das Subjekt als gesellschaftlich wirksam, indem es sich als Akteur:in inszeniert, der:die eine einmalige Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen weiß? Wie lassen sich Situationen, Praktiken und Medien der Gelegenheit im frühneuzeitlichen Europa untersuchen, um zugleich die analytischen Voraussetzungen des opportunen Handelns in Moderne und Gegenwart methodologisch fruchtbar zu machen?

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Anne Real

Signs of (Ex-)Change: Transnational Enclaves of Empire in 16th/17th Century Spanish Literature

Prof. Dr. Karin Peters: Frühe-Neuzeit-Projekt im Rahmen eines Joint Research Professorship (20%) an der University of St Andrews, Beginn 01.01.2026

Mein persönlicher Beitrag zu diesem Projekt, das gemeinsam mit Dr. Paul J. Lennon von der University of St Andrews durchgeführt wird, ist eine geplante Monografie über frühneuzeitliche Texte, die im spanischen Vizekönigkreich Neapel geschrieben wurden sowie über entsprechende Fragen zu Sprache, Imperium und Komödie, z.B. in Bartolomé de Torres Naharros Propaladia (1517), Juan de Valdés' Dialog über die Sprache (1535), Giambattista Della Portas neapolitanischen Komödien und Anton Francesco Raineri's Altilia (1550). Durch die Analyse der vektoriellen Multidirektionalität und nationalen Stereotypisierung im zweisprachigen Theater möchte ich Literatur und Bühnenproduktion als transnationalen Transaktor untersuchen. Um die für das Vizekönigreich Neapel spezifischen kulturellen Produktionen der Frühen Neuzeit zu kartografieren und zu beschreiben, wie sie verschiedene Transaktoren in Kontakt und Konstellation bringen, müssen Konzepte aus den Kultur- und Literaturwissenschaften wie der „kulturelle Apparat”, TransArea Studies, Imperium Studies und kulturelle Semiotik auf einzelne Fallstudien angewendet werden. Insbesondere anhand von Lotmans Konzept der kulturellen Sphäre (Semiosphäre) werde ich der imperialen Metropole aus der Distanz neu betrachten, indem ich darlege, wie Literatur zur Ausweitung und Gestaltung der europäischen Autorität beiträgt

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Anne Real

Teilprojekt: "Textual Production and Material Circulation of the European Myth of the ‘Feeling Subject’ in Latin America"

Prof. Dr. Karin Peters: Principle Investigator (PI) im DFG-Exzellenz-Cluster Beyond Slavery and Freedom: Asymmetrical Dependencies in Pre-Modern Societies (Bonn Center for Dependency Studies),  (von der DFG bewilligt 2025, Beginn 01.01.2026)

Based on studies about the Black Atlantic (e.g. Dwyer 2021, Haschemi Yekani 2021) and the PI’s work on the transformations of the French novel Paul et Virginie (1788) the project investigates the 18th century European universalist myth of ‘feeling’ and how it was used to cement strong asymmetrical dependencies (SADs). It assumes that the promotion of virtuous demeanour can justify exploitation on different levels during the so-called “second conquest” (Pratt 1992). In Latin American Studies, however, investigations often positivise references to French literature in the “foundational fictions” of the Americas (Sommer 1993, Hahn 2017), dismissing the continuing asymmetry they involve. This project will therefore bring the importance of SADs to the fore that are entangled with the transnational history and political uses of sentimentalism.It aims to understand how sentimental narratives of European origin are adapted in Latin American literature that cement SADs between men and women and/or European and non-European subjects, how the non-literary voices of speakers in SADs can be excavated from alternative archives and contrasted with literary discourses about sentiment, and how praxeologies of sentimental SADs were used to redefine gender roles and social politics within the newly created national communities in Latin America.

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Universität Bonn / Gregor Lilienfein

Teilprojekt: "Wer ist hier der Affe? Komische Personae und die Kultur des Medienspektakels bei Stromae“

Prof. Dr. Karin Peters: Mitglied im DFG-Netzwerk "Comic Literacies. Kulturtechniken des Komischen" (KWI Essen) (Förderung durch die DFG bis 2028)

Die Selbstinszenierung des belgischen Künstlers Stromae (Paul van Haver), seine Liedtexte, Musikvideos und öffentlichen Auftritte arbeiten an der Konstruktion von komischen Personae, mit denen er die Fallstricke der digitalen Aufmerksamkeitsökonomie unserer Gegenwart sichtbar macht. Im mit versteckter Kamera gedrehten Video zum Chanson "Formidable" mündet diese Inszenierung im figuralen Stereotyp, das POC als Affen (singe) entmenschlicht, aber gegen die vornehmlich weißen Zuschauer gerichtet wird. Denn obgleich in der Narration des Chansons zunächst der Sprecher wie ein Affe betrachtet wird, macht dieser die Zuschauer selbst zu Makaken, die im Zoo ihrer pervertierten Medienkultur beobachtbar werden. Das Projekt untersucht deshalb im Rahmen eines interdisziplinären Netzwerks unter der Leitung von Roxanne Phillips (KWI Essen) die Theatralität seiner Performances, um deren Spiel mit comic literacy, dem Mitlachen oder Verlachen kulturhermeneutisch zu deuten. 

Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© Universität Bonn / Gregor Lilienfein

Teilprojekt: “When God's Word Starts to Stutter: Comic Bodies and Failed Real Presence in Tirso de Molina's ‘La Celosa de sí misma’” 

Gregor Lilienfein: Mitglied im DFG-Netzwerk "Comic Literacies. Kulturtechniken des Komischen" (KWI Essen) (Förderung durch die DFG bis 2028)

Tirso de Molina vereint zwei scheinbar schwer zu vereinende Aspekte in seinen Werken: Er ist gleichzeitig ein überzeugter Vertreter der Spanischen Gegenreformation und der wohl lustigste Theaterautor seiner Zeit. Als wäre die Gleichzeitigkeit dieser Extreme nicht schon komisch genug, behandelt er in La celosa de sí misma die gegenseitigen Implikationen von sich globalisierenden Märkten, psychischen Verwirrungen und sich verändernden Beziehungen zum Körper mit großem satirischem Witz. Das transatlantische System bringt Tirso zufolge eine Art Signalstörung in der Beziehung zum Göttlichen mit sich, und die daraus entspringenden (Körper-)Verwirrungen eignen auf der einen Seite hervorragend für die Erzeugung von Lachern, auf der anderen Seite enthalten Tirsos Techniken des Komischen tiefgreifende theologische und politische Diagnosen, die ich im Rahmen meines Projekts im Forschungsnetzwerk zu rekonstruieren suche.

Wird geladen