KULTURTHEORIEKULTURKRITIK
KRITISCHEKULTURTHEORIE
KOMMENTIERTEBIBLIOGRAPHIE
Eagleton, Terry. 2001. Was ist Kultur?. München: C.H. Beck.

Schlagwörter: Begriff, Begriffsgeschichte, Natur und Kultur, Internationalismus, Kulturkrieg

Abstract: Original-Titel: The Idea Of Culutre. Terry Eagleton ist heute einer der führenden Intellektuellen Großbritanniens. In seinem neuesten Werk zeigt er die Bedeutung des Kulturbegriffs im geschichtlichen, philosophischen und politischen Kontext. Er analysiert die unterschiedlichen ästhetischen und politischen Kulturströmungen heute und entwickelt eine eigene Vorstellung von Kultur, die dem Aspekt des Gelebtwerdens, dem Alltäglichen von Kultur einen größeren Raum gibt. "Kultur" ist in aller Munde. Aber was ist Kultur? Eine Magazin-Rubrik oder die "Einheit des künstlerischen Stils ... eines Volkes" (F. Nietzsche); "erlesenes Getue" (L. Marcuse) oder ganz einfach eine "künstlich erzeugte Illusion" (W. B. Yeats)? Kultur setzt sich im allgemeinen Verständnis ab von Natur, aber erinnert der Kulturbegriff in seinem Ursprung nicht gerade an das Materielle, an das, was bebaut und gepflegt wird, den Acker, die Erde? Dieses Buch führt ein in die unterschiedlichen Aspekte, was uns Kultur bedeutet, was wir mit Kultur anderen bedeuten wollen, und welchen Unterschied es macht, von der Kultur einen Blick auf andere Kulturen zu werfen. Es gibt einen Überblick über die Geschichte des Begriffs, diskutiert die Gründe für die aktuelle Überbetonung und versucht einen Kulturbegriff zu entwickeln, der sich nicht an dominant hochstehend und banal, klassisch und unterhaltend orientiert. Leicht und witzig geschrieben, bietet dieses Buch nicht nur eine Horizonterweiterung unseres Kulturverständnisses, sondern auch eine intellektuelle Lockerungsübung, die man nur empfehlen kann. Aber Achtung, Aldous Huxley hat uns gewarnt: "Die Kultur ist ein sehr dünner Firnis, der sich leicht in Alkohol auflöst." (Verlagstext)

Rezensionen: Mayer, Ruth. 2001. Literaturen, 9, 98-99; und: Heidbrink, Ludger. 2001. DIE ZEIT, 40, 45.

Kommentar: Kritik am Kulturbegriff, der im westlichen Verständnis zu universell und in Stammesgemeinschaften und Sub-Kulturen zu partikularisch gefasst wird. Nach Eagleton hängt die Zukunft der Kultur davon ab, inwieweit es ihr gelingt, aus der Sackgasse der Identitätspolitik und Daseinsverschönerung herauszukommen und neue soziale Gemeinsamkeiten zu erzeugen. Die Kultur muss wieder zu einem Medium ‚immanenter Kritik' werden, indem sie ‚der Gesellschaft den Spiegel vorhält und sie an Normen misst, die sie selbst hervorgebracht hat'. Dabei mangelt es den Ausführungen jedoch an konkreten Gegenkonzepten, die einen Weg aufzeigen, wie die Kultur ihren ursprünglichen Charakter als ‚Spiegel der Gesellschaft' wiedergewinnen könnte. (M.M.)